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Großer Schritt für mehr Teilhabe: Einigung zur Umsetzung des Bundesteilhabe-gesetzes
Waiblingen/Kernen, 26. Oktober 2023 – Nach langwierigen Vorarbeiten und Klärungsprozessen im Zuge der landesweiten Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes haben die Diakonie Stetten und das Landratsamt Rems-Murr-Kreis eine bahnbrechende Einigung erzielt. Die Einigung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung, die in Wohneinrichtungen der Diakonie Stetten leben.
Das bereits im Dezember 2016 verabschiedete Bundesteilhabegesetz soll die Teilhabechancen von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen nachhaltig verbessern. Gleichzeitig bedeutet der umfassende Systemwechsel für Leistungsträger und Leistungserbringer aufwändige Umstellungsprozesse. Statt pauschalierter Leistungen soll für jeden Menschen mit Behinderung ein persönliches Leistungspaket geschnürt werden, das sich am individuellen Bedarf orientiert. Um diesen individuellen Bedarf zu ermitteln, wurde in Baden-Württemberg ein landesweit einheitliches Bedarfsermittlungsinstrument eingeführt. Im Rahmen der Umstellung auf die neue gesetzliche Grundlage sind alle Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung aufgefordert, mit den für sie zuständigen Leistungsträgern neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen abzuschließen. Eine Mammutaufgabe für Einrichtungen wie die Diakonie Stetten und für den Rems-Murr-Kreis als zuständigen Leistungsträger, da grundsätzlich für jedes einzelne Angebot eine neue Vereinbarung abzuschließen ist.
Für drei Piloteinrichtungen der Diakonie Stetten in Kernen und Fellbach konnten beide Seiten nun aber eine Vereinbarung abschließen, die den Weg für weitere Vereinbarungen ebnet. Die wesentlichen Inhalte dieser Pilotvereinbarung für „besondere Wohnformen“ können im nächsten Schritt nun auf alle 40 Wohneinrichtungen der Diakonie Stetten für erwachsene Menschen mit Behinderung im Kreis übertragen werden. In einem weiteren Schritt sollen sie auch auf Wohneinrichtungen der Diakonie Stetten in den umliegenden Landkreisen übertragen werden. Grundlage der Pilotvereinbarung ist die von der Diakonie Stetten entwickelte und gemeinsam weiterentwickelte Leistungssystematik PeP (= Personenzentriert und Passgenau), die den Umfang der Leistungen in verschiedenen Leistungsmodulen und die zugehörigen Personalschlüssel festlegt. Als anerkanntes Modell wird „PeP“ nun auch für Leistungs- und Einrichtungsträger in anderen Landkreisen Baden-Württembergs die Grundlage von entsprechenden Vereinbarungen für „besondere Wohnformen“ sein.
Ebenfalls abgeschlossen wurden Vereinbarungen für die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbMs) und für den Bereich der sogenannten „Assistenz im eigenen Wohn- und Sozialraum“ (= AWS, früher „ambulant betreutes Wohnen“).
Nach mühsamen Vorarbeiten auf Landesebene und zahlreichen Verhandlungsrunden bringt diese Einigung für alle Beteiligten und die betroffenen Menschen eine immense Erleichterung, insbesondere angesichts des nahenden Ablaufs der Übergangsfrist auf Landesebene Ende 2023.
Bei der gemeinsamen Unterzeichnung der wegweisenden Vereinbarung im Landratsamt in Waiblingen zeigte sich auch Dietmar Prexl, kaufmännischer Vorstand der Diakonie Stetten, sehr erleichtert: „Wir haben einen langen und für alle Beteiligten sehr anstrengenden Weg hinter uns. Aber was zählt, ist das Ergebnis. Die Einigung ist eine gute Nachricht für alle Menschen mit Behinderung. Sie mussten sich lange gedulden, aber jetzt ist ein wichtiger Meilenstein erreicht, um ihre Teilhabechancen nachhaltig zu verbessern. Ein großes Lob auch an die Verhandlungsteams und Unterstützungspersonen auf beiden Seiten. Sie haben sich tief in die komplexe Materie eingearbeitet, um gute Lösungen gerungen und am Ende gemeinsam gute Ergebnisse erzielt.“
Sozialdezernentin Stefanie Böhm, die die Vereinbarung für den Rems-Murr-Kreis unterzeichnete, ergänzte: „Auch von Seiten des Landkreises sind wir sehr erleichtert und froh über die Einigung. Sowohl im Landratsamt als auch bei der Diakonie Stetten ist eine hohe Fachexpertise vorhanden, so dass das Ergebnis fundiert ist. Das Bundesteilhabegesetz hat zum Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu stärken. Als Träger der Eingliederungshilfe investieren wir in die Teilhabe unserer Bürgerinnen und Bürger und erfüllen damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Wir freuen uns, dass auf der Basis unseres Ergebnisses nun die Angebote entsprechend angepasst werden können. Das ist ein weiterer großer Schritt für die Inklusion im Rems-Murr-Kreis. Unser Landkreis wird dadurch für alle noch lebenswerter.“
Hintergrund:
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde mit dem Ziel eingeführt, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und ihre gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu fördern. Ursprünglich im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2013 vereinbart, soll das BTHG die Reform der Eingliederungshilfe vorantreiben und die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland umsetzen.
Das Bundesteilhabegesetz wurde im Dezember 2016 vom Deutschen Bundestag verabschiedet und trat in mehreren Stufen in Kraft. Die letzte Stufe der Umsetzung erfolgte im Januar 2020. In Baden-Württemberg gilt bis 31.12.2023 noch eine Übergangsfrist bis zur endgültigen Umsetzung.
Die wesentlichen Änderungen, die das Bundesteilhabegesetz mit sich brachte, umfassen:
- Personenzentrierung: Das Gesetz legt den Fokus auf die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen mit Behinderungen und ermöglicht eine stärkere individuelle Ausgestaltung der Leistungen.
- Eingliederungshilfe: Die Eingliederungshilfe wurde aus der Sozialhilfe herausgelöst und als eigenständiges Recht verankert, um die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen besser zu berücksichtigen.
- Leistungsverbesserungen: Das Gesetz bringt Verbesserungen bei der finanziellen Unterstützung und den Leistungen für Menschen mit Behinderung, einschließlich der Möglichkeit, Leistungen auch in ambulanter Form zu erhalten.
(Text: Diakonie Stetten, barth/26.10.23)