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Schülertestungen: Wird ein funktionierendes Test-System in Frage gestellt?
„Es macht mich sprachlos“, so das Fazit von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull am Mittwoch, 24. März, in einem Pressegespräch. Fellbach setzt bei den Tests in den Schulen auf ein Netzwerk von Ärzten und Apothekern sowie das Online-Anmeldetool des Landkreises. Ein System, das inzwischen gut etabliert ist und Vertrauen genießt. Mit der heutigen Meldung der Kassenärztlichen Bundes-Vereinigung, die Kosten für die Schüler-Tests nicht mehr zu tragen, würde dieses Vertrauen aufs Spiel gesetzt, ist die Oberbürgermeisterin überzeugt. Landkreis und Kommune werden sich daher bei der Landesregierung gemeinsam für die Klärung der Finanzierung einsetzen und die Tests weiter durchführen bis ein umsetzbares Konzept für das Land Baden-Württemberg vorliegt.
„Das System ist gut und baut Vertrauen auf“, erklärt David Coronel. Der geschäftsführende Rektor der Fellbacher Schulen ist überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, das Test-System zusammen mit Ärzten und Apothekern aufzubauen. Seit Sommer 2020 hätten die Schulen zusammen mit der Stadtverwaltung am Aufbau der Testungen gearbeitet. „Zu Beginn gab es viele Unsicherheiten“, so der Rektor der Wichernschule. Verschiedene Anbieter, nicht zertifizierte Tests oder auch Fragen der Haftung und Finanzierung mussten geklärt werden. „Der Knackpunkt war der Einstieg der Ärzte und Apotheker“, so Coronel, der sich für den Einsatz der Oberbürgermeisterin in diesem Zusammenhang bedankte. Seitdem die Oberbürgermeisterin sich so für den Aufbau des Netzwerkes eingesetzt habe und die Schulen in den Praxen und Apotheken verlässliche und kompetente Kooperationspartner zur Verfügung ständen, wachse die Akzeptanz. Die Tests haben in allen Schulen wachsende Teilnehmerzahlen. Inzwischen ließen sich beispielsweise neun von zehn Schülern und alle Mitarbeitenden der Wichernschule testen. „Bisher zum Glück alle negativ!“
„Es funktioniert und es gibt einem ein Gefühl von Sicherheit“, ist auch Landrat Richard Sigel überzeugt. „Wir brauchen diese funktionierenden Strukturen“, mahnt Sigel im Gespräch. Während die Landes- und Bundesbeschlüsse nicht ineinandergriffen, müsse es auf Landkreis und kommunaler Ebene aber Lösungen geben. Man brauche pragmatische Lösungen. Der Landkreis habe frühzeitig auf Tests gesetzt und mit dem Aufbau des ersten kommunalen Schnelltestzentrums im letzten Herbst „auch eine gewisse Kompetenz erworben“, so der Landrat. Das Online-Tool Cosan des Landkreises ermögliche einen Testbetrieb, der lückenlos dokumentiert werden könne. Die digitale Anbindung an das Gesundheitsamt ist gesichert. Über 120 Ärzte und Apotheker nutzten inzwischen dieses Online-Modul, über das Termine gebucht, Testergebnisse verschickt, die Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung erfolgt und das Gesundheitsamt im positiven Fall informiert wird. Über 45.000 Schnelltests sind diese Woche online für jedermann buchbar und erfreulicherweise ist die Quote der positiven Testergebnisse gering. Auf rund 33.000 Schnelltests bis letzte Woche kamen bisher nur 124 positive Fälle. Auch Fellbach nutzt das Online-System für alle Testangebote – sowohl in den Schulen als auch im Test-Zentrum.
„Wir sind froh, diese Unterstützung zu haben“, stellt Oberbürgermeisterin Zull klar. Nachdem Anfang März klar war, dass die Schülertests über den Bund abgerechnet werden können, hatte sie Kontakt zu den Fellbacher Ärzten und Apothekern aufgenommen, um das umfangreiche Fellbacher Modell für Schultestungen zu starten. „Wir sind hier auf offene Ohren gestoßen“, sagt Zull. Jeder Schule steht ein medizinischer Partner für die Testungen zur Verfügung und „die Bitten sind eindeutig: Behaltet das System bei!“ Die Hemmschwelle für die Testungen sei gesunken und immer mehr nutzten die Möglichkeit. „Und wir wollen doch, dass sich viele testen lassen, nur so bekommen wir Sicherheit und können die Schulen geöffnet lassen“, sind Zull und Sigel sicher. Zumal nach wie vor keine Landesstrategie erkennbar sei. „Hier gibt es einen Diskussionsstand aber noch keine Teststrategie.“ Zusammenfassend müsste ein akzeptiertes etabliertes Modell aufgegeben werden, um ein noch nicht konzipiertes anderes zu aufzubauen – „das macht mich sprachlos“, so die OB. „Wenn wir schon über Testen und nicht über Impfen reden, muss das Modell wenigstens funktionieren“, ist auch Richard Sigel über das Verhalten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wenig erbaut. Die KV hatte mitgeteilt, dass die Kosten für die Schülertests nicht mehr über den Bund, sondern über das Land abgerechnet werden müssten. Die damit wieder aufgeworfenen Fragen, verunsichern und stellen das bisherige Modell in Frage.
„Wir werden das Vertrauen, das wir aufgebaut haben, nicht über den Haufen werfen“, versichert Oberbürgermeisterin Zull. „Die Tests werden daher in Fellbach bis zu den Ferien fortgesetzt“, so Zull weiter.
Die Testung soll aber in allen Schulen im Landkreis mit Arztpraxen und Apothekenfortgeführt werden können, bis die Kostenfrage mit dem Kultus- und Sozialministerium abgestimmt ist. Darauf haben sich die Oberbürgermeisterin und Sprecherin der Oberbürgermeister im Landkreis, der Vorsitzende der Bürgermeisterversammlung Bürgermeister Thomas Bernlöhr und Landrat Sigel noch am Nachmittag verständigt.
„Die Testung in den Schulen einzustellen, war zu keinem Zeitpunkt eine Alternative. Der Schulbetrieb kann nicht an Abrechnungsfragen für gewollte Schnelltests scheitern“, so die kommunalen Vertreter. Bis die Abrechnungsfragen zwischen Bund und Land geklärt sind, geht die kommunale Seite bis zu den Osterferien in Vorleistung. Gemeinsame werden sich jetzt Zull, Bernlöhr und auch Sigel auf Landesebene für den Erhalt des Testsystems einsetzen.
Text: Stadt Fellbach (Ries/24.3.21)