Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Leonie Ries
Artikel vom 23.04.2018

Offener Austausch mit russischem Partnerlandkreis

Offener Austausch mit russischem Partnerlandkreis

Landrätin Elena Troschenkowa und Landrat Dr. Richard Sigel nach der Unterzeichnung der Partnerschaftserklärung. Foto: Landratsamt.
Landrätin Elena Troschenkowa und Landrat Dr. Richard Sigel
Die Rems-Murr-Delegation beim Russischen Eishockey Schülercup im Eisstadion von Dmitrow. Foto: Landratsamt.
Die Rems-Murr-Delegation im Eisstadion von Dmitrow

Delegation besucht neue Landrätin des Partnerkreises Dmitrow in der Region Moskau / Noch kein WM-Fieber in Russland spürbar

Im Rahmen der regelmäßigen Partnerschaftstreffen mit Russland hat Landrat Dr. Richard Sigel gemeinsam mit Vertretern der Kreistagsfraktionen den Partnerlandkreis Dmitrow besucht, der zur Region Moskau gehört. Anlass für den Besuch war, neben dem regelmäßigen Austausch der Verwaltungsspitzen und Politik, auch ein Besonderer. Nach 27 Jahren gab es  im Rayon Dmitrow einen Wechsel an der Führungsspitze. Seit Herbst letzten Jahres steht dem Rayon Frau Elena Troschenkowa als Leiterin der Verwaltung – das russische Pendant zum Landrat - vor. Der Landrat gratulierte der 49-Jährigen zum neuen Amt und überraschte Sie mit einem besonderer Geschenk: Einer Tasche des Schorndorfer Mode-Labels RIANI, das auch in Russland viele Fans hat. Gemeinsam unterzeichneten beide Verwaltungschefs im Rahmen eines offiziellen Empfangs eine Partnerschaftserklärung, die bekräftigt, dass die Partnerschaft auch unter der Leitung der neuen Landrätin fortbesteht und weiterentwickelt werden solle.

Frau Elena Troschenkowa ist Betriebswirtin und hat nach Stationen in der freien Wirtschaft und der Kommunalpolitik in der Region Moskau das Amt von Walerij Gawrilow übernommen, der die Partnerschaft zwischen dem Rems-Murr-Kreis und Dimitrow als Landrat viele Jahre begleitet hat. Herr Gawrilow ist aus dem politischen Amt ausgeschieden, wirkt aber weiterhin als Berater des Gouverneurs der Region Moskau und in verschiedenen Gremien mit.

Ob man gerade jetzt nach Russland reisen sollte - darüber hat sich die Rems-Murr-Delegation angesichts der jüngsten Ereignisse in Syrien und Großbritannien und angesichts der deshalb angespannten Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union selbstverständlich Gedanken gemacht. „Gewachsene freundschaftliche Beziehungen auf kommunaler Ebene gerade in schwierigen Zeiten nicht in Frage zu stellen, ist aber richtig und wichtig“, so der Rems-Murr-Landrat. Der Austausch mit Russland besteht seit nunmehr 26 Jahren und habe stets zum gegenseitigen Verständnis beigetragen. Viele freundschaftliche Verbindungen sind gewachsen und wachsen weiter, daran müsse man weiter arbeiten, das sei ein Beitrag zu Friedenssicherung.

Ein schönes Beispiel für die guten Verbindungen beider Landkreise war der Besuch einer Schülergruppe der Grafenbergschule Schorndorf in Dmitrow, der zeitgleich stattgefunden hat. Dieser Austausch funktioniert seit Jahren sehr gut. Im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens wurde mit Lehrern beider Landkreise, Vertretern der Verwaltungsspitze des Rayon Dmitrow und Kreisräten diskutiert, wie man den Austausch junger Menschen auch zukünftig gestalten und ausbauen könnte.

Landrat Sigel sprach bei der offiziellen Unterzeichnung der Partnerschaftserklärung auch die Spannungen zwischen Russland und Deutschland kritisch an, betonte aber gegenüber dem lokalen Fernsehsender zugleich, dass bei einem Austausch auf kommunaler Ebene, ähnlich wie bei Sportereignissen, nicht die „große Politik“ im Vordergrund stehe, sondern das Verbindende, die menschliche Begegnung und der persönliche Austausch.

Ein sportliches Großereignis in Dmitrow, das die Delegation besuchte, war der Russische Eishockey Schülercup um den „goldenen Puck“. Ein Sportereignis von nationaler Bedeutung, an dem mehr als 1600 junge Eishockey-Nachwuchstalente im Alter zwischen elf und 13 Jahren aus ganz Russland teilnehmen. Zuletzt fand der Wettbewerb in den olympischen Spielstätten in Sotschi statt. Nach der U18-Weltmeisterschaft der Frauen ist es in diesem Jahr bereits die zweite große Eishockey-Veranstaltung, die in den Eisstadien von Dmitrow ausgetragen wurde.

Neben der Besichtigung von Bildungseinrichtungen und einem Gespräch mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer zur aktuellen wirtschaftlichen Lage war ein zweites sportliches Großereignis, mit dem sich die Delegation beschäftigte, die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft. Der Frage, wie sich die Region Moskau hierauf vorbereitet hat, vor allem im Bereich der Infrastruktur und des ÖPNV, ging man auf die Spur. Die Delegation zeigte sich etwas erstaunt, dass die Stadt noch nicht spürbar im „WM-Fieber“ angekommen sei. Das Maskottchen der WM, ein Fuchs, prägt bisher nur vereinzelt das Stadtbild. Beeindruckend war allerdings, wie pulsierend, attraktiv und mit dem ÖPNV hervorragend erschlossen sich die Region Moskau präsentiert. Fußgängerzonen sind neu entstanden und in der Region Moskau wurde das gewachsene Metro-Netz in den letzten Jahren auch im Hinblick auf das Fußballfest erweitert und ausgebaut. Die Metro fährt nicht nur mindestens im 2-Minuten-Takt, sondern es soll auch nach der Weltmeisterschaft jährlich um mindestens eine Station erweitert werden, um mit dem Wachstum der Stadt Schritt halten zu können. Eine Herausforderung, vor der auch die Region Stuttgart steht.

Ein Novum, aber eine erfreuliche Feststellung aus Sicht der Delegation war, dass in Moskau aber auch in Dmitrow verstärkt auf Radwege gesetzt wird. Im Stadtzentrum von Dmitrow wurden neue Radwege angelegt. Allerdings waren diese noch nicht sehr stark frequentiert. Dies mag daran liegen, dass die letzten Schneereste erst vor einer Woche geschmolzen sind und man Radwege in Russland bisher einfach so nicht kennt.

Ein kleines Beispiel für Entwicklung und Veränderung die hoffungsvoll stimmt, denn Russland hat sich offener und selbstkritischer präsentiert, als man das auf dem Hinflug vielleicht erwartet hätte, so das Fazit der Delegation.

(ries/23.4.18)

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