Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Martina Keck
Artikel vom 08.11.2021

Alarmstufe droht: Landrat Dr. Sigel fordert einen Rettungsschirm für Kliniken

Auch im Rems-Murr-Kreis werden immer mehr Covid-19-Patienten behandelt / Kommunale Kliniken laufen Gefahr, von Bund und Land im Regen stehen gelassen zu werden / Wertschätzung heißt auch, realistisch zu sein, sonst wandern medizinische Fachkräfte ab

In der vierten Welle der Corona-Pandemie steigt derzeit die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen kontinuierlich an. Nach der Warnstufe droht nun das Erreichen der Alarmstufe. Auch in den Rems-Murr-Kliniken werden derzeit 40 Patienten behandelt, davon werden 13 Patienten auf der Intensivstation versorgt.

„Die aktuelle Situation ist noch zu bewältigen, der Trend ist aber besorgniserregend“, sagt Landrat Dr. Richard Sigel. Wenn sich der Trend so fortsetzt, dann müssen die Krankenhäuser wieder planbare Operationen und Behandlungen verschieben. Dies sei auch zur Entlastung des Personals auf den Intensivstationen dringend erforderlich, denn dieses ist nach über 18 Monaten Pandemie zusehends ausgelaugt. Schon Ende Oktober hat das Sozialministerium die Krankenhäuser aufgefordert, wieder mehr Intensivbetten für die COVID-19-Patienten vorzuhalten – bisher ohne Zusage einer Kostenerstattung.

„Als der Krankenhausschutzschirm für das Jahr 2021 konstruiert wurde, war man sicher, dass die Kliniken ab diesem Sommer wieder weitgehend unter Normalbedingungen arbeiten können. Tatsächlich dauert die Pandemie nun aber schon viel länger als wir alle gedacht haben. Das hinterlässt Spuren beim Personal, das am Limit arbeitet und könnte tiefe Löcher in die Kassen der Krankenhäuser reißen“, so der Landrat, auch mit Blick auf die aktuellen Haushaltsberatungen. Hier sei nun dringend schnelles Handeln der Politik gefordert: So müssten – wie im Frühjahr 2020 – die Pflegepersonaluntergrenzen wieder ausgesetzt werden. Das führe in den Krankenhäusern zu mehr Flexibilität beim Personaleinsatz und weniger Bürokratie. „Darüber hinaus brauchen die Kliniken im Jahr 2021 vom Bund und vom Land Baden-Württemberg finanzielle Hilfen im gleichen Umfang wie in 2020“, so Dr. Sigel weiter. Auch für 2022, für das es bisher noch keinerlei Absicherung der Klinikerlöse gibt, müsse zeitnah eine Lösung gefunden werden. „Wer fordert, wieder mehr Intensivbetten für Covid-19 Patienten vorzuhalten, muss auch für eine auskömmliche Finanzierung sorgen“, fordert der Landrat. In Bayern hat die Staatsregierung bereits ein Hilfeprogramm aufgelegt.

„Es ist doch ein Irrglaube, wenn man in Stuttgart und Berlin davon ausgeht, dass die Krankenhäuser nach Corona einfach wieder in den Normalbetrieb gewechselt haben“, so der Landrat. „Wir können vom Personal in den Kliniken nicht verlangen, dass sie nach monatelangem pausenlosen Einsatz nahtlos weiter bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gehen. Wir dürfen finanzielle Risiken von Krankenhäuser nicht auf Kosten der Ärzteschaft und des Pflegepersonals minimieren. Wertschätzung für Klinikpersonal heißt auch, realistisch zu sein. Wir riskieren sonst, dass wir dauerhaft motiviertes Personal für den medizinischen Bereich verlieren, dass gerade Pflegekräfte in andere Berufe abwandern.“

Dr. Marc Nickel, Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken, ergänzt: „Wenn die Inzidenzen und in der Folge die Hospitalisierungsquoten weiter so stark ansteigen, dann kommen schwierige Zeiten auf uns als Kliniken zu. Wir brauchen deshalb jetzt klare Entscheidungen auf Bundesebene, etwa zu einem klaren Impfkonzept, einer Impfpflicht für Klinikmitarbeiter und zu wirksamen Frühindikatoren und Verhaltensregeln wie 2G.

„Aus unserer Sicht gilt auch für die neue Bundesregierung das, was der jetzt noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im März 2020 versprochen hatte“, betont der Landrat und Aufsichtsratsvorsitzende der Rems-Murr-Kliniken. In einem Schreiben an die Krankenhäuser hieß es damals, „dass entstehende wirtschaftliche Folgen für die Krankenhäuser ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt“. „Von dieser Zusage sind wir derzeit weit entfernt. Im Gegenteil, man könnte den Eindruck gewinnen, dass das Bundesgesundheitsministerium die Corona-Krise für Krankenhausschließungen auf „kaltem Wege“ nutzt!“, so Sigel weiter.

(keck/08.11.2021)

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