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Bei der Wieslauftalbahn geht es weiter voran
Ab dem Frühjahr 2025 soll der Wiesel wieder rollen / zunächst werden zwei Fahrzeuge in eine Spezialwerkstatt überführt
Durch das Starkregenereignis im Wieslauftal Anfang Juni wurden alle sechs Fahrzeuge, die Werkstatthalle der Wieslauftalbahn und etwa ein Drittel der Infrastruktur schwer beschädigt. Weggespülter Schotter, in der Luft hängende Gleise und unter Schlamm begrabene Schienen und Züge prägten das Bild auf der beliebten Pendlerstrecke. Schlamm und Wasser haben in den Fahrzeugen die Radsätze, den Fußboden, die Elektronik - fast alles beschädigt. Ein Zugverkehr von Rudersberg nach Schorndorf war seitdem Unwetterereignis nicht mehr möglich. Für die täglich rund 4.000 Fahrgäste bedeutet dies seitdem eine erhebliche Mehrbelastung. Statt komfortabel und pünktlich mit dem Wiesel zur Schule oder Arbeit war ein Umsteigen auf den Schienenersatzverkehr erforderlich. Die Ersatzbusse wurden eine Woche nach dem Starkregenereignis eingerichtet wurde. Seither verkehren die Ersatzbusse zwischen Schorndorf Grabenstraße und Rudersberg Nord sowie ein Kleinbuspendel nach Oberndorf und Klaffenbach.
„Die Sorge um die Zukunft der Wieslauftalbahn war bei allen groß. Das Ausmaß der Schäden nach dem Unwetter war verheerend. Das Ziel war immer klar: Wir wollen, dass das Wiesel wieder rollt. Daran arbeiten wir schon seitdem das Wasser wieder weg ist. Mit Hochdruck haben wir den Ersatzverkehr eingerichtet. Beharrlich haben wir unsere Forderungen zu Unterstützungsmaßnahmen an das Land gerichtet. Das klare Bekenntnis des Innenministers für die Landesregierung und zum Wiederaufbau des Wiesels war dann ein erster wichtiger Meilenstein.“, schilderte Landrat und Vorsitzender des Zweckverbands Wieslauftalbahn Dr. Richard Sigel die Ausgangslage nach den Schadensereignissen.
Voraussichtlich vier Totalschäden und anspruchsvoller Abtransport von zwei Fahrzeugen (Regio Shuttles):
Eine erste Begutachtung ergab, dass die vier NE 81-Fahrzeuge (Baujahr 1994) höchstwahrscheinlich Totalschäden sind. Perspektivisch wird es hierbei wirtschaftlicher sein, in eine Neubeschaffung zu investieren. Bei den beiden Regio Shuttles „RS 1“ (Baujahr 1999) liegt eventuell noch kein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Daher werden diese beiden Fahrzeuge nun am Mittwoch, 13.11.2024 in eine Spezialwerkstatt nach Weiden in der Oberpfalz gebracht, um dort von einer Fachfirma begutachtet und fachgerecht überprüft zu werden. Je nachdem, wie sich nun bei der Überprüfung durch die Spezialfirma der Zustand der Fahrzeuge darstellt, wird eine entsprechende Reparatur in Erwägung gezogen. Da eine Überführung in eine geeignete Werkstatt notwendig ist, bleibt das genaue Ausmaß der Schäden an den beiden Fahrzeugen aktuell noch offen. Die Fahrzeuge werden dort fachgerecht auseinandergebaut, Einzelteile gereinigt, getrocknet oder ausgetauscht.
Hürden bei den Schienenarbeiten:
Aufgrund der massiven Beschädigungen an der Strecke und der Tatsache, dass ein anderweitiger Abtransport der Fahrzeuge nicht möglich war, musste die Strecke zunächst behelfsmäßig wieder Instand gesetzt werden, sodass die beiden Fahrzeuge durch die Spezialfirma „Railadventure“ auf den Gleisen mit geringer Geschwindigkeit von Rudersberg nach Schorndorf abgeschleppt und von dort in die Spezialwerkstatt in Weiden weiter überführt werden können. Außerdem waren die Auftragsbücher dieser Firma langfristig gefüllt unter anderem wegen der Zugmesse Innotrans in Berlin, weshalb aus organisatorischen Gründen ein Abtransport der Züge der Wieslauftalbahn zur Spezialwerkstatt nun erst möglich wurde.
Ausblick und nächste Schritte – zwei neue gebrauchte Fahrzeuge stehen ab Dezember in den Startlöchern:
„Die Wieslauftalbahn ist eine wichtige Lebensader für die rund eine Million Fahrgäste im Jahr aus Rudersberg und Schorndorf und damit gleichermaßen für Berufspendler sowie Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen ein wichtiger Bestandteil. Durch den Abtransport der Fahrzeuge ist ein weiterer Meilenstein für den Wiederaufbau der Wieslauftalbahn geschafft. Ziel ist es, dass der „Wiesel“ zum Ende des ersten Quartals 2025, zumindest auf einem Teilabschnitt wieder rollt. Die Wieslauftalbahn wird dann mit neuen Fahrzeugen starten, denn dank der bereits vor den Ereignissen beschafften Fahrzeuge sind wir für die nächsten Jahre wieder zukunftsfähig aufgestellt. Im Dezember startet die Instandsetzung des ersten Streckenabschnitts von Schorndorf bis Miedelsbach. Die Fertigstellung ist für das erste Quartal 2025 vorgesehen. Diese Teilpassage wäre dann bereits wieder befahrbar. Voraussetzung dafür ist aber auch, dass sich ein passendes Bauunternehmen dafür findet. Denn viele davon sind wegen Stuttgart 21 und Reparaturarbeiten an anderen Strecken ausgelastet“, sagt Landrat Sigel.
Insgesamt wurden bereits im April 2024 vom Zweckverband vier gebrauchte aber komfortablere, barrierefreie sowie mit einer Klimaanlage ausgestattete Regio Shuttles (Baujahr 2009) beauftragt und bestellt. Die Lieferung von zwei dieser Fahrzeuge ist Ende Dezember 2024 vorgesehen. Derzeit werden die beiden „neuen“ gebrauchten Fahrzeuge modernisiert, im Design der Wieslauftalbahn lackiert und für den baldigen Einsatz aufbereitet. Die Lieferung der beiden weiteren Fahrzeuge erfolgt Ende 2025. „Sobald also die Teilstrecke repariert ist, können darauf die neu gekauften Züge aus der Oberpfalz einen Teil des Verkehrs abdecken. Außerdem schließt der Zweckverband nicht aus, andere Fahrzeuge anzumieten, solange die eigenen Züge repariert werden. Auch hierfür wird die Versicherung finanziell aufkommen“, erklärt Sigel.
Weitere Streckenabschnitte ebenfalls in Planung:
Beim zweiten Abschnitt Bahnhof Miedelsbach bis Bahnhof Rudersberg gibt es zwei erhebliche und ausgedehnte Unterspülungen vor dem Bahnhof Miedelsbach und am Ortseingang Schlechtbach. In diesem Abschnitt sind weitere Gleisabschnitte geflutet worden, sodass die Gleisbetten erneuert werden müssen. Beim dritten Abschnitt von Rudersberg Bahnhof bis Oberndorf sind erhebliche Bauarbeiten rund um den Bahnhof in Rudersberg sowie den direkt dahinterliegenden Bahnübergang erforderlich. Am Bahnhof Rudersberg müssen voraussichtlich alle Gleise, die Weichen sowie der Bahnsteig ausgegraben und erneuert werden. Im weiteren Streckenabschnitt nach Oberndorf liegen eher geringfügige Schäden vor. Je nach Witterungsverhältnissen und Beendigung der Baumaßnahmen des 1. Abschnitts sind diese beiden weiteren Baumaßnahmen und Arbeiten ab April / Mai 2025 geplant.
Überblick über die derzeitige Schadenssumme:
Grundsätzlich ist der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn über die WEG bis zu einer Schadenshöhe von 20 Millionen Euro versichert. Bislang geht der Zweckverband davon aus, dass die Kosten für den Wiederaufbau vollständig durch die Versicherung und ergänzende Landeshilfen des Landes Baden-Württemberg refinanziert werden können.
„Landkreis und Kommunen sind dankbar, dass sich das Land klar zum Wiederaufbau bekannt hat. Wir werden hier pragmatisch und lösungsorientiert unterstützt. Es gibt auch hier bürokratische Hürden und Unklarheiten, aber wir sind in guten Gesprächen mit dem Regierungspräsidium und dem Innenministerium, dass alles klappt und die notwendigen Fördermittel fließen können“, so der Landrat. Die bislang von Gutachtern bezifferten Schäden belaufen sich auf insgesamt knapp 4,9 Millionen Euro für die Infrastruktur, wovon 4,1 Millionen Euro für die Gleisinfrastruktur, 653.000 Euro für Stellwerk- und Sicherungstechnik sowie rund 100.000 Euro für die Werkstatthalle aufgebracht werden müssen.
(kübler/13.11.24)