Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Martina Keck
Artikel vom 02.08.2018

Intensiver Austausch für einen gesünderen Rems-Murr-Kreis

Intensiver Austausch für einen gesünderen Landkreis

Bei der Kommunalen Gesundheitskonferenz berichtete Helen Pfeuffer über ihre Forschungsergebnisse zur ambulanten medizinischen Versorgung schwerst- und mehrfachbehinderter Menschen im Landkreis. Foto: Landratsamt
Bei der Kommunalen Gesundheitskonferenz berichtete Helen Pfeuffer über ihre Forschungsergebnisse zur ambulanten medizinischen Versorgung schwerst- und mehrfachbehinderter Menschen im Landkreis.

Die sechste Kommunale Gesundheitskonferenz im Rems-Murr-Kreis tagte in Waiblingen. Ziel ist eine bessere Vernetzung unter den Akteuren.

Wie können Einrichtungen aus dem medizinischen Bereich besser zusammenarbeiten? Sind die Arztpraxen im Kreis barrierefrei? Und wie kann die Schulverpflegung verbessert werden? Diese wichtigen Themen hat die kommunale Gesundheitskonferenz Rems-Murr-Kreis am 11. Juli unter anderem behandelt. Der Vorsitzende der Gesundheitskonferenz, Landrat Dr. Sigel, betonte in seiner Begrüßung: „Es ist gut, wichtige gesundheitliche Themen im Landkreis in so kompetenter Runde wie der Gesundheitskonferenz diskutieren und Lösungen auf den Weg bringen zu können, zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis“.

Dr. Marc Nickel, Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken, stellte das Konzept der sektorenübergreifenden Versorgung vor. Es geht darum, Kliniken und Einrichtungen der Region (Ärzte, (Psycho-)soziale Dienste, Rehabilitation, …) so zu vernetzen, dass die Patienten und ihre Angehörigen von einer besseren Versorgung profitieren. Insbesondere für sechs Krankheitsbilder bieten sich auch im Rems-Murr-Kreis zukünftig gute Ansatzpunkte und ausbaufähige Strukturen an: Anorexia, Darmkrebs, Demenz, Diabetes, chronischer Rückenschmerz, Schlaganfall. Konkrete Verbesserungen wurden bisher z. B. schon bei der Schnittstelle Notaufnahme/Notfallpraxis erzielt, so Dr. Nickel. Durch die Schnittstelle zum Rettungsdienst lässt sich zudem sektorenübergreifende Versorgung besser steuern. In seinem Fazit erklärte Dr. Nickel, dass bisher eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen erkennbar sei, der große Rahmen aber noch fehle. Zudem sei die Frage der Refinanzierung nur in Ansätzen geklärt.

Ambulante medizinische Versorgung schwerst- und mehrfachbehinderter Menschen im Landkreis war das Thema der Bachelorarbeit von Helen Pfeuffer beim Gesundheitsamt und in Kooperationen mit dem kommunalen Behindertenbeauftragten, Roland Noller. Die Ergebnisse und konkrete Handlungsempfehlungen stellte sie auf der Gesundheitskonferenz vor. Im Ergebnis zeigte sich, dass sich viele Ärzte Schulungen zum Thema wünschen. Zudem kann nicht jede Arztpraxis eine in jeder Hinsicht optimale Barrierefreiheit bieten. Ihre konkreten Empfehlungen sind: Die vorhandenen Strukturen für die Betroffenen besser nutzbar zu machen, z. B. durch Wegweiser, Schaffung eines aufsuchenden Beratungsangebotes für Ärzte und Beratungsangebote zur ärztlichen Versorgung für behinderte Menschen. Weitere Probleme wie der erhöhte Zeitaufwand bei der Behandlung Behinderter, der nicht abgerechnet werden kann, oder der geringe Stellenwert der Thematik in der ärztlichen Ausbildung dürfen dabei nicht übersehen werden, können aber nicht allein auf Landkreisebene gelöst werden. 

Landrat Dr. Sigel regte an, die konkret im Landkreis umsetzbaren Empfehlungen anzugehen. „Hiermit können wir eine wesentliche Verbesserung der ambulanten medizinischen Versorgung der behinderten Menschen im Landkreis und ihrer Angehörigen auf den Weg bringen“, so Landrat Dr. Sigel.

Die Schulverpflegung im Landkreis war ein weiteres Thema der Konferenz: Vanessa Holste hatte bereits im vergangenen Jahr die Ergebnisse ihrer Untersuchung im Rahmen einer Bachelorarbeit vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass keine Schule im Kreis die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) umsetzt. Nun stellte Frau Holste die Gründe hierfür vor – die sie im Rahmen ihrer Masterarbeit untersucht hat. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Zweifeln an der Umsetzbarkeit, fehlender Kompetenz, mangelnden Partizipationsmöglichkeiten bis hin zu großer Auslastung der Schulleitungen. Holste empfahl verschiedene Ansatzpunkte. Es bedarf Unterstützung, besserer Vernetzung der Akteure vor Ort und kompetenter Ansprechpartner auf kommunaler Ebene. Vorhandene Kompetenzen im Landkreis sollten genutzt und multipliziert werden. So ist aktuell z. B. eine Mensa in Welzheim im DGE-Zertifizierungsverfahren. „Hiervon können auch andere Schulen im Landkreis profitieren“, so Vanessa Holste. Letztlich sieht sie vor allem im Austausch zwischen den Akteuren einen wichtigen Schlüssel zum Erfolg.

„Als Vater von zwei Kindern ist mir dieses Thema sehr wichtig“, betonte Landrat Dr. Richard Sigel. Er regte an, das Kompetenzzentrum Ernährung – das im Kreislandwirtschaftsamt angesiedelt ist – einzubeziehen und die Ergebnisse zu nutzen, um konkrete Verbesserung vor Ort zu erreichen.

Anschließend informierte Landrat Dr. Sigel über die Konsolidierung der Selbsthilfekontaktstelle. Diese ist aktuell noch befristet, der Sozialausschuss beschloss jedoch, eine Entfristung auf den Weg zu bringen, damit die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises auch in Zukunft dieses für Betroffene wertvolle Angebot nutzen können. Eine Entfristung der Stelle wird daher Teil der Haushaltsberatungen 2019 sein, die im Herbst anstehen. Die Gesundheitskonferenz unterstützt diesen Weg.

Ambulante Rehabilitationsangebote fehlen im Landkreis – das hat eine Recherche des Gesundheitsamtes und der Rems-Murr-Kliniken bestätigte. Dr. Ute Ulfert, Kreisrätin und Ärztin, bemerkte hierzu: „In Fall der ambulanten Reha ist gerade der Raum Schorndorf etwas schlechter versorgt. Der Patient aus Waiblingen oder Fellbach kann nach Stuttgart gehen, der Backnanger nach Großbottwar/Marbach.“ Waltraud Bühl vom Kreisseniorenrat führte aus, dass das Fehlen solcher Reha-Möglichkeiten im Remstal vor allem für ältere Menschen ein großes Problem darstellt und sich aufgrund des demografischen Wandels zunehmend verschärft. Landrat Dr. Sigel betonte, dass ihm die Bedeutung und Wichtigkeit des Themas bewusst sei, weswegen er es auch in die Konferenz eingebracht habe. Dr. Nickel von den Rems-Murr-Kliniken bestätigte das Problem und betonte, dass der Bereich ambulante Reha aufgrund der problematischen finanziellen Rahmenbedingungen grundsätzlich schwierig sei. „Selbst große Anbieter haben sich hier zurückgezogen, weil die solide finanzielle Basis fehlt“, so Dr. Nickel. Landrat Dr. Sigel sicherte zu, das Thema seitens des Landkreises im Auge zu behalten und Vorstöße in diese Richtung im Rahmen der Möglichkeiten des Landkreises zu unterstützen.

Das Schlusswort des Landrats richtete den Blick in die Zukunft: „Es gilt nun, die heute hier diskutierten Themen und Probleme zu bearbeiten und für unseren Landkreis maßgeschneiderte und gute sowie für die Betroffenen hilfreiche Lösungen zu finden.“

Hintergrund:

Die Kommunale Gesundheitskonferenz im Rems-Murr-Kreis ist ein Netzwerk von Institutionen und Personen aus dem Gesundheitssektor, angrenzender Ressorts und der Kreispolitik, dessen Hauptziel der Erhalt und die Förderung der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger des Rems-Murr-Kreis ist. Die Geschäftsstelle der Gesundheitskonferenz ist beim Gesundheitsamt angesiedelt. Vorsitzender ist Landrat Dr. Richard Sigel.

(keck/02.08.18)

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