Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Martina Keck
Artikel vom 29.05.2019

Fachtag „Gutes Essen für die Schule“ stellt gelungene Projekte vor“

Vorträge und Vernetzung im Berufsschulzentrum Backnang – organisiert vom Landratsamt, dem Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg und der AOK

Der Gesundheitsdezernent des Landkreises, Dr. Peter Zaar, betonte bei seiner Begrüßung die Bedeutung eines guten und genussvollen Essens an den Schulen im Rems-Murr-Kreis. Insbesondere die steigende Zahl von Schulen mit Ganztagesbetrieb zeige dies deutlich, so Peter Zaar: In Baden-Württemberg ist diese Zahl von 1177 im Jahr 2011 auf 1665 im Jahr 2016 gestiegen. Er betonte: „Veranstaltungen wie diese sind wichtig für die Entwicklung der Schulverpflegung in unserem Landkreis – weil einerseits aktuelle Fachinformationen vermittelt werden, aber auch Raum für Gespräche und Austausch gegeben wird.“

Als erste Referentin stellte Vanessa Holste ihre Untersuchung zur Schulverpflegung im Rems-Murr-Kreis vor, die sie im Rahmen ihres Masterstudiums beim Gesundheitsamt erarbeitet hat, vor. Ihrer Erhebung zufolge zeigen sich viele positive Aspekte. Es gibt aber auch noch Luft nach oben: Handlungsbedarfe offenbarte sich vor allem bei der Umsetzung bestehender Qualitätsleitlinien, der Partizipation der Schüler, dem Mangel an Kommunikation unter den Beteiligten sowie bei den Ausschreibungen gegenüber Caterern. Gründe hierfür sind die unterschiedlichen Rahmenbedingungen vor Ort, Zweifel an der Umsetzbarkeit – etwa von Leitlinien und Empfehlungen – mangelnde Partizipationsmöglichkeiten bis hin zu großer Auslastung der Schulleitungen mit anderen Aufgaben, insbesondere umfangreicher Verwaltungsarbeit. Insbesondere die bessere Vernetzung der Akteure vor Ort und kompetente Ansprechpartner auf kommunaler Ebene könnten hier ein Schlüssel zum Erfolg sein. Frau Holste betonte: „Die Vorstellung konkreter Best-Practice-Beispiele aus dem Landkreis im zweiten Teil des Fachtags soll diesen Austausch unter den Akteuren fördern.“

Das Hauptreferat des Tages hielt dann Beate Laumeyer, Diplom-Ökotrophologin und Coach für die Kita- und Schulverpflegung in Baden-Württemberg: Was Nachhaltigkeit in der Schulverpflegung bedeutet, erläuterte die Expertin anhand der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung definierten Standards: „überwiegend pflanzlich“ – „‚bevorzugt gering verarbeitet“ – „ökologisch erzeugt“ – „regional und saisonal“ – „umweltverträglich verpackt“ – „fair gehandelt“. Sie ergänzte diese Standards um den Faktor „Lebensmittelbfälle vermeiden“. Dabei betonte Laumeyer, dass es nicht darum gehen muss, perfekt zu sein. Stattdessen solle man im Einzelfall klären, was machbar ist. Auch kleine Schritte tragen zum Erfolg bei.

So riet sie beispielsweise davon ab, sofort mit einem kompletten Bio-Essen zu starten, da dies ökonomisch und organisatorisch sehr anspruchsvoll sei und bei Nichtgelingen schnell zu Frustrationen führe. Stattdessen empfahl sie, zuerst nur einzelne Zutaten auf Bio umzustellen, z. B. nur noch Bionudeln zu verwenden, womit auch schnell Bioquoten von 20 Prozent und mehr erreicht werden können. Zudem sollte „Bio“ auch immer etwas kritisch betrachtet werde, so Laumeyer. „Natürlich kann man Biofrühkartoffeln aus Ägypten kaufen, aber ob das dann nachhaltig ist?“, gibt die Expertin zu bedenken. Insbesondere im Bereich „Lebensmittelabfälle vermeiden“ lassen sich auch die Schüler sehr gut miteinbeziehen. Wer diese Abfälle selbst wiegen, anschauen, erfassen und entsorgen muss, ist offener für Konzepte zur Vermeidung. Zuletzt hatte Laumeyer auch noch einen humorvollen, aber durchaus ernst gemeinten Tipp für die Besucher der Fachtagung: „Nennen Sie Ihr Essen niemals ‚gesundes Essen‘, das kommt nicht gut an. ‚Gutes Essen‘, ‚nachhaltiges Essen‘, ‚frisches Essen‘ und so weiter ist in Ordnung, aber bitte niemals ‚gesund‘.“

An den Vortrag von Beate Laumeyer schlossen sich dann vier konkrete Best-Practice-Beispiele aus dem Landkreis an. Es stellten sich die Mensa des Berufsschulzentrums Backnang (Sacha Gabriel), der Caterer Michael Schmitt Gastro, die Mensa der Zeppelinschule Fellbach (Karin Domin) und die Christian-Bauer-Mensa Welzheim (Ina Schneider und Müller Gastronomie Schorndorf) vor - Letztere als einzige kürzlich von der DGE zertifizierte Mensa. Beeindruckend an den Praxisbeispielen war zu sehen, auf welch hohem Niveau in diesen Schulen des Landkreises trotz aller ökomischen Zwänge und organisatorischen Schwierigkeiten heute schon gekocht wird und wie nahe diese alle an den leitenden fachlichen Empfehlungen liegen. Verblüffend für die Organisatoren war zudem, wie sehr sich der Befund von Frau Holste, dass die Kommunikation aller an der Schulverpflegung Beteiligten vor Ort ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg sei, mit den Erfahrungen der Vertreter aus der Praxis deckte.

Den Schlussakkord der Tagung setzte dann der Vortrag von Anne Hassel vom Landeszentrum für Ernährung. Hassel und ihre Kolleginnen bereicherten die Tagung nicht nur mit einer kleinen Ausstellung zu den Themena „BeKi – bewusste Kinderernährung“, „EU-Schulprogramm“ und Schulverpflegung. Hassel stellte nun auch noch die konkreten Unterstützungsangebote des Landeszentrums für die Schulen vor Ort vor. Diese reichen von Kurzberatungen bis zu langfristigen Prozessbegleitungen, die alle Akteure vor Ort einbeziehen. Zusätzlich bietet das Landeszentrum auch Unterstützung bei Projekten oder die konkrete Durchführung von Projekten vor Ort an.

Die abschließende Diskussion des Plenums mit den Referenten zeigte, dass der Fachtag für alle Beteiligten eine rundum gelungene und gewinnbringende Veranstaltung war.

(keck/29.5.19)

Informationsicon
http://www.rems-murr-kreis.de//jugend-gesundheit-und-soziales/aktuelles