Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Gelöschter Benutzer
Artikel vom 10.05.2017

Kommunale Gesundheitskonferenz stellt sich aktuellen Themen

Kommunale Gesundheitskonferenz stellt sich aktuellen Themen

Schulverpflegung, Behinderung und Selbsthilfe – das waren die Themen der vergangenen Konferenz am 3. Mai in Waiblingen

 

Eine volle Tagesordnung, vielfältige Themen und großes Interesse der Mitglieder waren die Hauptmerkmale der diesjährigen kommunalen Gesundheitskonferenz im Rems-Murr-Kreis. Landrat Dr. Richard Sigel betonte in seiner Begrüßung: „Die Gesundheitskonferenz Rems-Murr hat sich seit 2012 sehr positiv entwickelt und als kompetentes Netzwerk in allen Fragen der Gesundheitsförderung und Prävention im Landkreis etabliert“.

Die Kommunale Gesundheitskonferenz im Rems-Murr-Kreis ist ein Netzwerk von Institutionen und Personen aus dem Gesundheitssektor, angrenzenden Ressorts und der Kreispolitik, dessen Hauptziel der Erhalt und die Förderung der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger des Rems-Murr-Kreises ist. Die Geschäftsstelle der Gesundheitskonferenz ist beim Gesundheitsamt angesiedelt. Vorsitzender ist Landrat Dr. Sigel. „Ich begrüße es sehr, dass sich der Landtag dazu durchringen konnte, ab 2017 eine dauerhafte und dynamisierte finanzielle Unterstützung der Gesundheitskonferenzen im Rahmen des Finanzausgleichs mit den Stadt- und Landkreisen zu beschließen“, so der Landrat. „Hiermit ist nun eine Grundlage geschaffen, auf der wir motiviert und engagiert weiter voranschreiten können und somit die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger des Rems-Murr-Kreises noch stärker in den Fokus rücken.“

Gleich zu Beginn der Konferenz wurde über zwei Anträge des Kreisrats Thomas Bezler zur Einrichtung eines Kompetenzkreises Gesundheitsvorsorge und eines Kompetenzkreises Medizin beraten. Die Teilnehmer der Gesundheitskonferenz waren sich einig, dass beides sinnvolle und schlüssige Anliegen sind, Doppelstrukturen jedoch vermieden werden sollten. Das Thema Gesundheitsvorsorge in all seinen Schattierungen und Facetten habe bereits im Rahmen der Gesundheitskonferenz seinen Platz gefunden und themenspezifisch könnten jederzeit Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Ein Kompetenzkreis Medizin wurde als ein Thema der Rems-Murr-Kliniken gesehen und mit Zustimmung der Mitglieder dorthin verwiesen.

Beim Thema Gemeinschaftsverpflegung in den Schulen des Landkreises stellte Vanessa Holste, zurzeit Praktikantin im Gesundheitsamt und Studentin des Masterstudiengangs Gesundheitsförderung an der PH Schwäbisch Gmünd, die Ergebnisse ihrer diesbezüglichen Erhebung bei den Schulen des Landkreises vor. Handlungsbedarf ergibt sich dieser Erhebung zur Folge vor allem in den Bereichen Umsetzung bestehender Qualitätsleitlinien, der Partizipation der Schüler, dem Mangel an Runden Tischen aller an der Schulverpflegung Beteiligter, sowie Kompetenzen bezüglich Ausschreibungen gegenüber Catering-Firmen. In der sich anschließenden Diskussion herrschte Einigkeit, dass bei der Entwicklung von Lösungsstrategien im Kern Schulen, Schulamt und die Kommunen als Träger der meisten Schulen des Landkreises unbedingt beteiligt werden müssten. Sozialdezernentin Petra Bittinger regte an, dieses Thema im Rahmen einer der nächsten Bürgermeisterversammlungen im Kreis der Schulen zu diskutieren. Die Gesundheitskonferenz beschloss daher, die Geschäftsstelle zu beauftragen, bis zur nächsten Konferenz zusammen mit Experten und lokal Verantwortlichen konkrete Lösungsstrategien für den Landkreis zu erarbeiten und vorzustellen. Auch das Landwirtschaftsamt des Landkreises ist in Sachen Ernährungsbildung an Schulen schon seit vielen Jahren unterwegs. Ziel der Aktivitäten ist es, Kindern Freude am Essen, Wissen über Lebensmittel und Alltagskompetenzen zu vermitteln. Im Rahmen der Landesinitiative BeKi – bewusste Kinderernährung werden dazu Unterricht beziehungsweise Projekttage für die Klassen 1 bis 6 und Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten. Kinder, Jugendliche und Erwachsene können ihre Ernährungskenntnisse bei Praxisworkshops des Kompetenzzentrums Ernährung vertiefen. Gemeinsam mit der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung können Netzwerktreffen und Werkstattgespräche zur Schulverpflegung angeboten werden.

Die ambulante medizinische Versorgung von Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen in Baden-Württemberg ist „ungenügend“ – mit diesem Zitat aus der Tagung „Alle inklusive?! Menschen mit Behinderung in der ambulanten Gesundheitsversorgung“ des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen Baden-Württemberg e.V. am 12. Oktober 2016  leitete Roland Noller, Behindertenbeauftragter des Landkreises, in das nächste Thema ein. Laut Noller sind im Rems-Murr-Kreis knapp 40.000 Menschen schwerbehindert, davon rund 15.000 schwerstbehindert. Diese Menschen sind in besonderem Maße von der ungenügenden ambulanten medizinischen Versorgung betroffen. Zugleich haben diese Menschen in Anlehnung an die UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf adäquate medizinische Versorgung. Gertrud Scheithauer, Mutter eines betroffenen Sohnes und Ansprechpartnerin für den Rems-Murr-Kreis der Selbsthilfegruppe Rückenwind e.V. (Pflegende Mütter behinderter Kinder) berichtete dann sehr eindrücklich, was dieses im Alltag für die Menschen bedeutet und mit welch großen Problemen sie konfrontiert werden. Da für den Rems-Murr-Kreis keine belastbaren Zahlen zur ambulanten medizinischen Versorgung schwerst- und mehrfachbehinderter Menschen vorliegen, wird zurzeit eine Erhebung in Kooperation mit der Geschäftsstelle der Gesundheitskonferenz geplant, welche Helen Pfeuffer von der Dualen Hochschule Furtwangen im Rahmen ihrer Bachelorarbeit durchführt. Peter Höschele, Kreisrat und Arzt, betonte in diesem Zusammenhang die besondere Wichtigkeit und Herausforderung der Versorgung schwerstbehinderter Menschen für Ärzte, aber auch für Arztpraxen. Die Gesundheitskonferenz beschloss daher, dass bei der nächsten Sitzung die Ergebnisse der Erhebung vorgestellt und beraten werden sollen, um Strategien zu entwickeln – zur Verbesserung der Situation der Betroffenen und Unterstützung der Arztpraxen vor Ort.

Seit Dezember 2015 gibt es im Rems-Murr-Kreis eine Selbsthilfekontaktstelle für die im Landkreis aktiven Selbsthilfegruppen. Diese Kontaktstelle wurde federführend geplant und initiiert von der Gesundheitskonferenz und ist beim Gesundheitsamt angesiedelt. Ilse Schmid, Leiterin der Selbsthilfekontaktstelle, berichtete über die Schwerpunkte der ersten anderthalb Jahre und die Planungen für die Zukunft. Neben den klassischen Unterstützungsangeboten wie Beratung von Selbsthilfegruppen, Information und Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit, organisatorische und technische Unterstützung, sowie Netzwerkarbeit beeindruckten aber auch die Zahlen, die Schmid präsentierte: Im Landkreis sind über 100 Selbsthilfegruppen in den Bereichen Behinderung und chronische Krankheiten, psychische Erkrankungen, Sucht und psychosoziale Problemlagen aktiv. Für diese Gruppen konnte die Selbsthilfekontaktstelle bisher fast 8.000 Euro an Projektfördermitteln der Gesetzlichen Krankenversicherungen generieren, weitere 6.000 Euro sind für 2017 beantragt. Die Teilzeitstelle von Ilse Schmid wird zudem zu 50 Prozent durch die Gesetzlichen Krankenversicherungen finanziert, den Rest trägt der Landkreis. Für die Zukunft ist geplant, Themen wie Öffentlichkeitsarbeit, Generationenwechsel und „Junge Selbsthilfe“ verstärkt anzugehen und zudem die Konsolidierung der Selbsthilfekontaktstelle sicherzustellen, da diese aktuell bis Ende 2019 befristet ist. Die Mitglieder der Gesundheitskonferenz betonten, dass sich die Schaffung dieser Stelle, im Rems-Murr-Kreis als einer der letzten Landkreise in Baden-Württemberg, bewährt hat und die Selbsthilfegruppen nun endlich die notwendige Unterstützung für ihre wertvolle ehrenamtliche Arbeit erhalten, die ihnen zusteht.

Landrat Dr. Sigel dankte abschließend für die engagierte Mitarbeit in der Gesundheitskonferenz und richtete den Blick in die Zukunft: „Nun gilt es, die heute angesprochenen Themen und Probleme zu bearbeiten sowie für unseren Landkreis maßgeschneiderte und für die Betroffenen hilfreiche Lösungen zu finden.“ Die nächste Kommunale Gesundheitskonferenz wird im Frühjahr 2018 stattfinden.

 

(saw/10.5.2017)

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