Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Pressestelle
Artikel vom 26.09.2022

Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln würde das Aus für den Weinbau im Remstal bedeuten

Neue EU-Pflanzenschutzverordnung: Auswirkungen auf Tourismus, Landwirtschaft und den Weinbau / Steigende Energie- und Rohstoffpreise machen Landwirten und Winzern zu schaffen

Beim 101. Landwirtschaftlichen Hauptfest (LWH) in Stuttgart ist der Landkreis gemeinsam mit dem Remstal Tourismus und dem Schwäbischen Wald Tourismus e.V. in Halle 4 am Stand 100 vertreten. In der Zeit vom 25. September bis 3. Oktober stehen dort die Themen Landwirtschaft, Direktvermarktung und Tourismus im Fokus und vermitteln den Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck von den Besonderheiten des Rems-Murr-Kreises. Das Landratsamt informiert dabei gemeinsam mit Direktvermarktern über regionale und nachhaltige Produkte im Rems-Murr-Kreis. Gleichzeitig werden Lösungsmöglichkeiten und Chancen, die sich durch Direktvermarktung und Nischenprodukten öffnen vorgestellt.

Zum Auftakt des Landwirtschaftlichen Hauptfestes am 25. September nutzte Landrat Sigel die Gelegenheit, um mit Vertretern der Landwirtschaft über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven in der Landwirtschaft, beim Weinbau und im Tourismus im Rems-Murr-Kreis zu sprechen. Anlass dazu bieten vor allem die aktuellen Überlegungen der EU, ein generelles Verbot zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten auszusprechen. An der von Landwirtschaftsdezernent Gerd Holzwarth moderierten Diskussion nahmen neben Landrat Sigel auch Winzer Christoph Klopfer, Landwirt Denis Schwaderer und Landwirtschaftsamtsleiter Michael Stuber teil.

„Das Remstal ist seit Jahrhunderten durch die Landwirtschaft und insbesondere durch den Weinbau geprägt und weithin für seine exzellenten Weine bekannt. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten würde das Aus für den Weinbau im Remstal bedeuten. Ohne Landwirtschaft und Weinbau an Rems und Murr und die daraus hervorgehenden qualitativ hochwertigen Lebensmittel ist unser Landkreis nicht mehr lebenswert. Ohne die engagierten Familien, die durch Weinbau und Landwirtschaft für regionale Erzeugnisse verantwortlich sind, geht es einfach nicht!“, so Landrat Dr. Richard Sigel.

Dies bestätigt auch Winzer Christoph Klopfer vom Bio-Weingut Klopfer in Weinstadt-Großheppach, dessen Flächen weit überwiegend im Landschaftsschutzgebiet liegen. Auch im ökologischen Weinbau sei der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Gesunderhaltung der Rebstöcke und zur Sicherstellung der Ernte essentiell.

Laut Landwirtschaftsamtsleiter Michael Stuber erstreckt sich die Fläche an Landschaftsschutzgebieten im Rems-Murr-Kreis auf rund 29.000 ha, wobei knapp 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Schutzgebieten liegen. Das geplante Verbot hätte somit für den gesamten Rems-Murr-Kreis weitreichende Folgen und würde den Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter vorantreiben. „Im Jahr 1979 gab es im gesamten Landkreis noch über 4.000 landwirtschaftliche Betriebe – heute ist nur noch weniger als ein Viertel davon übrig“, schildert Stuber die Entwicklung.

Auch die Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull und der Weinstädter Oberbürgermeister Michael Scharmann, beides aktive Weinbaukommunen, haben sich für den Erhalt des Weinbaus ausgesprochen und gemeinsam mit Landrat Sigel eine Protestnote an den EU-Abgeordneten Rainer Wieland geschickt. Darin wird auf die befürchteten negativen Auswirkungen im Remstal hingewiesen. Der EU-Parlamentarier wird gebeten, sich für die Belange der Landwirtschaft im Rems-Murr-Kreis einzusetzen und sich klar gegen ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten auszusprechen.

Oberbürgermeister Michael Scharmann konstatiert: „Allein in Weinstadt haben wir über 500 Hektar Rebfläche, die komplett in Schutzgebieten liegen. Die Verordnung würde – wenn sie so in der vorliegenden Fassung verabschiedet wird – unsere gesamte Kultur- und Naturlandschaft, unsere jahrhundertealte Tradition des Weinbaus in Weinstadt gefährden. Unser Aushängeschild, der Weinbau, würde damit vor dem Aus stehen.“ Auch Oberbürgermeisterin Gabriele Zull zeigt sich besorgt über die Auswirkungen der neuen EU-Pflanzenschutzverordnung in Fellbach: „Unsere Kulturlandschaft ist ohne Weinbau nicht vorstellbar. In Fellbach haben wir über 500 Jahre Weinbau-Tradition. Das so vorgeschlagene Gesetz würde Existenzen vernichten und die Wengerter ruinieren. Der Kappelberg ohne Weinreben – diese Form des Umweltschutzes ist meines Erachtens unsinnig und wird den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln sein.“

Neben den beschriebenen gesetzlichen Verschärfungen steht die Landwirtschaft auch vor verschiedenen weiteren Herausforderungen. So berichtet Landwirt Denis Schwaderer vom Backnanger Stiftsgrundhof über die aktuell rasant gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sowie die extrem schwer kalkulierbare Marktsituation. Diese betreffen insbesondere die landwirtschaftliche Branche stark. In seinem Gemischtbetrieb mit Milchviehhaltung, Ackerbau, Obstbau und Direktvermarktung ist er, wie sämtliche Landwirte auch, stark von den Auswirkungen des Klimawandels - wie etwa der in diesem Jahr extremen Trockenheit - betroffen.

Der Rems-Murr-Kreis möchte gegenüber den aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft und im Weinbau mit einem ganzen Maßnahmenpaket begegnen. „Die Landwirtschaft und der Weinbau sind wichtige Wirtschaftszweige im Rems-Murr-Kreis und prägen gleichzeitig das Landschaftsbild wesentlich“, sagt Landrat Sigel. „Außerdem versorgen uns die Landwirte in der Region mit besten Lebensmitteln direkt vor Ort und wir stehen daher auch als Landkreisverwaltung hinter unseren Landwirten und unterstützen sie nach besten Kräften. So existieren zahlreiche Bildungs- und Beratungsangebote des Landwirtschaftsamtes, es werden Demonstrationsbetriebe betreut und begleitet und es gibt einen amtlichen Pflanzenschutzwarndienst – um nur einige Beispiele zu nennen. Für viele Betriebe – wie z.B. auch im Fall der Familie Schwaderer – stellt die Direktvermarktung ihrer Erzeugnisse eine interessante und nachhaltige Form der Betriebsentwicklung dar, “ so der Landrat weiter. Auch diese Bemühungen würden durch den Landkreis z.B. über die Direktvermarkterplattform „Natur von hier“ unterstützt. Dort sind die Direktvermarkter in der Region mit ihren jeweiligen Angeboten hinterlegt und man kann sich als Verbraucher schnell einen Überblick über den nächsten Hofladen vor Ort verschaffen.

Ähnliche Ansätze verfolgt der Landkreis über die Biomusterregion Rems-Murr-Ostalb, wo unter Federführung des Rems-Murr-Kreises Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette biologisch und regional erzeugter Lebensmittel angestrengt werden.

„Letztendlich ist bei all diesen Bemühungen immer auch eine Vernetzung aller guten Ideen mit den Tourismusorganisationen Schwäbischer Wald und Remstal erforderlich“ resümiert Landrat Sigel und leitet damit zur Präsentation des Standkonzeptes des Rems-Murr-Kreises auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest über. Dies alles gelingt aber nur im Einklang mit einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Landwirtschaft, da sind sich alle Teilnehmenden der Gesprächsrunde einig.

 

(firat/26.09.22)

Nach der Pressekonferenz wurde die Gelegenheit genutzt, sich mit Politikern und Vertretern der Landwirtschaft auszutauschen. Von links nach rechts: Landrat Dr. Sigel, Jürgen Maurer, Vizepräsident und Kreisvorsitzender des Bauernverbands Schwäbisch-Hall-Hohenloh-Rems e.V., Joachim Rukwied, Präsident Landesbauernverband, Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Denis Schwaderer, Landwirt aus Backnang, Oberbürgermeister Frank Nopper, Christoph Klopfer, Winzer, Foto : LRA
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