Nach fünfeinhalb Monaten Einsatzbereitschaft blicken die Beteiligten auf eine erfolgreiche Hagelabwehrsaison zurück

Der Klimawandel ist auch im Rems-Murr-Kreis nicht mehr zu übersehen und längst spürbar: Trockenheit und hohe Temperaturen im Frühsommer, eine Nässeperiode im Juli und große Hitze Ende August. Gleichzeitig nehmen Extremwetterereignisse wie Hagelgewitter zu. Schwere Hagelgewitter können dabei in den verschiedensten Bereichen gravierende Schäden verursachen. So wäre ein Hagelgewitter beispielsweise auch für Weinbaubetriebe fatal, insbesondere kurz vor der Lese. Um derartige Schäden zu vermeiden, sind im Rems-Murr-Kreis und der Region Stuttgart Hagelflieger im Einsatz.

Am 15. Oktober endete die Hagelfliegersaison des Rems-Murr-Kreises und der Region Stuttgart nach fünfeinhalb Monaten erfolgreicher Einsatzbereitschaft. Im 44. Jahr dieser Hagelabwehrinitiative sind die Piloten der beiden Hagelflieger zu insgesamt 27 Einsatzflügen an 15 Tagen gestartet. Die letzten Einsatzflüge waren am 24. August. „In der Region Stuttgart können die Weingärtner, Landwirte und Eigenheimbesitzer dank unserer Hagelflieger den aufziehenden Gewitterwolken ein klein wenig entspannter entgegensehen“, resümiert Gerd Holzwarth, Dezernent für Forst, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Vermessung im Rems-Murr-Kreis. Die meteorologischen Bedingungen für hagelträchtige Gewitterzellen waren dabei an 22 Tagen erfüllt.

Hagelflieger im Rems-Murr-Kreis

Wenn sich Gewitterzellen bilden, steigen die Hagelflieger auf, um zusätzliche Eiskeime in Form von Silberjodid in die Wolken einzubringen. Das Ziel der Hagelflieger ist es, möglichst viele kleine Hagelkörner statt weniger großer entstehen zu lassen. Im Idealfall schmilzt kleiner Hagel dabei zu Regentropfen, bevor er am Boden auftrifft. Dadurch wird Schäden durch Hagel entgegengewirkt. Bei schlechten Flugbedingungen oder wenn sich zu viele Gewitterzellen an mehreren Stellen gleichzeitig entwickeln, können allerdings nicht immer alle Hagelwolken geimpft werden. Ein hundertprozentiger Schutz ist daher nicht möglich.

Von Kritikern der Hagelabwehr wird gelegentlich angeführt, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis gibt, dass die Methode funktioniert. Untersuchungen konnten hierzu bereits erste Aufschlüsse geben: Die Technische Hochschule Rosenheim hat bei vergangenen Untersuchungen Schadensdaten einer Hagel-Versicherung ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass die Hagelabwehrflüge der Hagelabwehr Rosenheim einen großen Einfluss auf Hagelschäden hatten und noch größere Schäden verhindert haben. Außerdem werten die Meteorologen von Radar-Info regelmäßig Radarbilder geimpfter Gewitterwolken aus. Die Auswertungen zeigen, dass sich in den Hagelwolken, die rechtzeitig geimpft wurden, kein oder nur kleiner Hagel entwickelt hat.

Dezernent Gerd Holzwarth macht deshalb unmissverständlich deutlich, dass der Rems-Murr-Kreis auch weiterhin hinter der Hagelabwehr steht: „Die Kritik an der Hagelabwehr nehmen wir ernst und unterstützen Bestrebungen, die Methodik weiter zu untersuchen und zu optimieren. Wir sind aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen aber auf jeden Fall von der Wirksamkeit überzeugt. Nicht zuletzt ist es volkswirtschaftlich vernünftiger, einen Schaden zu vermeiden oder zumindest zu minimieren als ihn nachträglich zu beheben“, sagt Holzwarth.

Mehr Infos zu den Hagelfliegern

Unterstützt werden die Rems-Murr-Hagelflieger von zwei Flugzeugen der Württembergische Gemeindeversicherung aG (WGV). Da sich das Schutzgebiet der WGV-Hagelflieger über ganz Württemberg - im Norden von Tauberbischofsheim bis im Süden zum Bodensee - erstreckt, mussten die Meteorologen für dieses Gebiet 39 Bereitschaftstage anordnen. An 29 Tagen sind die Piloten der beiden WGV-Flugzeuge zusammen zu 50 Einsatzflügen gestartet.

Die Geschäftsstelle der Hagelabwehr ist beim Landwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises angesiedelt.

(barth/03.11.23)