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LEV-Mitgliederexkursion 2025 ins Rottal bei Großerlach
Der Landschaftserhaltungsverband Rems-Murr-Kreis e.V. (LEV) veranstaltete dieses Jahr seine vierte Mitgliederexkursion. Bei der Rundwanderung durch das Rottal bei Großerlach wurde über das Kooperationsprojekt zur Wiederherstellung der geschützten Pfeifengras-Streuwiesen informiert.
Im Jahr 2022 startete im Rottal bei Großerlach ein Kooperationsprojekt von Forst BW, Erlacher Höhe, unterer Naturschutzbehörde und LEV zur Wiederherstellung ehemaliger Pfeifengras-Streuwiesen im FFH-Gebiet „Kochertal Abtsgmünd – Gaildorf und Rottal“. Ziel des Projekts ist es, die ehemaligen Streuwiesenflächen mithilfe geeigneter Maßnahmen in einen arten- und blütenreichen Lebensraum zu verwandeln. Voraussetzung hierfür ist eine sehr extensive Nutzung der feuchten Wiesenflächen.
Die jährliche, einmalige Mahd von Streuwiesen erfolgt im Spätsommer oder Herbst. Dadurch können sich die Pflanzen ungestört entwickeln und ihren Lebenszyklus mit der Samenreife abschließen. Die Entwicklung der einzelnen Arten verläuft zeitversetzt. Daher zeichnen sich Pfeifengras-Streuwiesen oft durch eine reiche Blütenflor von Frühjahr bis in den Herbst aus. Als Charakterarten gelten z. B. „Gewöhnlicher Teufelsabbiss“, „Heilziest“, aber auch Orchideen wie das „Breitblättrige Knabenkraut“.
Aber nicht nur für eine Vielzahl an Pflanzenarten auch für seltene Tierarten stellen die feuchten Pfeifengraswiesen-Standorte einen wichtigen Lebensraum für Amphibien, Insekten und Vögel dar. Auch geschützte Schmetterlingsarten, etwa den „Großen Feuerfalter“, den „Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ oder den „Goldenen Schneckenfalter“ finden hier ihr Zuhause.
Um den Mitgliedern des LEV einen Einblick in die Umsetzung der Natura 2000-Managementpläne und die seit 2022 durchgeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Pfeifengras-Streuwiesen im Rottal aufzeigen zu können, hat der LEV für die Vereinsmitglieder eine Exkursion ins Projektgebiet angeboten.
Am Termin teilgenommen haben neben Landrat Dr. Richard Sigel auch Bürgermeister Kevin Dispan der Gemeinde Großerlach, die Mitglieder, Vorstände und Fachbeiräte des LEV sowie Reiner Schuhmacher (Abteilungsleiter, Erlacher Höhe), Michael Deuschle (Revierleiter Forstrevier Mönchswald, Forst BW) sowie Eva Rombach (Natura 2000-Beauftragte) und Uwe Hiller (Fachbereich Naturschutz und Landschaftspflege) von der unteren Naturschutzbehörde.
Zu Beginn der Exkursion begrüßte Herr Breinlinger, Geschäftsführer des LEV, die Teilnehmer und stellte die Route und den Programmablauf vor. Anschließend folgten eine allgemeine Einführung ins Thema Pfeifengras-Streuwiesen sowie ein Überblick über die wichtigsten Infos zum Projekt. Anschließend folgten Grußworte von Bürgermeister Kevin Dispan sowie Landrat Dr. Richard Sigel.
Bei optimalem Wetter konnten die interessierten Teilnehmenden die insgesamt 5,5 km lange Tour durch Teile des 3,5 ha umfassenden Projektgebiets antreten. Vom Startpunkt, dem Wanderparkplatz bei Altfürstenhütte, führte die Route durch den Knickenwald zu einer bereits sehr gut entwickelten Projektfläche. Hier informierte Herr Blümle, stellvertretender Geschäftsführer des LEV, zur historischen Entwicklung der Pfeifengras-Streuwiesen. Frau Rombach, Natura 2000-Beauftragte der unteren Naturschutzbehörde, gab anschließend einen Einblick in die Botanik der wertvollen Biotopflächen und stellte typische Kennarten wie den „Großen Wiesenknopf“, den „Heilziest“ oder das namensgebende „Pfeifengras“ vor. In der malerischen Landschaft des Rottals zeigt sich eindrücklich die Bedeutung dieses wertvollen Lebensraumes für die heimische Flora und Fauna.
(raßmus/20.06.25)
Der nächste Programmpunkt erwartete die Exkursionsteilnehmer weiter flussabwärts. Hier konnten die LEV-Mitglieder einen eindrucksvollen Biberdamm bestaunen. Uwe Hiller, Biberberater des Landratsamts, berichtete über die Wiederbesiedelung des Rottals durch den Biber, die damit verbundenen Probleme für Land- und Forstbewirtschafter, aber auch über den Gewinn für die Natur durch die Aktivitäten des tierischen Landschaftsarchitekten.
Anschließend machte die Gruppe kehrt und folgte der Rot wieder flussaufwärts. Nach der Überquerung der B14 ging es dann zu den Projektflächen entlang des Großerlacher Bachs. Hier referierte Herr Deuschle von Forst BW als zuständiger Revierleiter für das Forstrevier Mönchswald über die Bedeutung von Pfeifengraswiesen aus forstlicher Sicht. Anschaulich erläuterte Herr Deuschle den Zuhörern die für eine Wiederherstellung notwendigen Vorbereitungsarbeiten.
Der letzte Programmpunkt widmete sich der Wiederherstellung von Pfeifengraswiesen aus praktischer Sicht. Hierzu berichtete Herr Schuhmacher, Abteilungsleiter der Erlacher Höhe, von seinen Erfahrungen bei der Landschaftspflege mit am Arbeitsmarkt benachteiligten Personen. Gemeinsam mit seinem engagierten Team führt Herr Schuhmacher die Landschaftspflegearbeiten durch. Hierbei werden die ausgewählten Flächen zunächst vollständig von Ästen und Baumstümpfen befreit. Anschließend können die Feuchtwiesen mit speziell geeigneten Maschinen abgemäht und das Mähgut abtransportiert werden.
Nach einer Besichtigung der für die Landschaftspflegearbeiten eingesetzten Maschinen ging es wieder zurück an den Ausgangspunkt der zweieinhalbstündigen Rundwanderung.
Hintergrund
Größere Bestände an Streuwiesen finden sich insbesondere im Südosten Baden-Württembergs sowie in der Oberrheinebene. Die Gesamtfläche dieses streng geschützten Lebensraumtyps beträgt in Baden-Württemberg rund 850 ha, die meisten davon befinden sich in FFH-Gebieten.
Streuwiesen dienen nicht der Erzeug von Viehfutter, sondern dienen der Gewinnung von Stalleinstreu. Insbesondere in Regionen mit wenig Getreideanbau stand früher nur wenig Stroh als Einstreu für die Viehställe zur Verfügung. Um das für die Stallhaltung notwendige Einstreumaterial zu erzeugen, wurden bisher ungenutzte Feuchtflächen jährlich abgemäht und die „Streu“ abtransportiert. Streuwiesen entstanden also durch eine extensive landwirtschaftliche Nutzung von Feuchtflächen.
Durch die Zufuhr von Stroh aus Ackerbauregionen verloren die Streuwiesen ihre ehemalige Bedeutung für die Landwirtschaft. Seit den 1990er Jahren nimmt die Verbreitung der Streuwiesen durch Nutzungsaufgabe, Aufforstung oder veränderte Bewirtschaftungsformen ab.
Für den Erhalt der vielfältigen ökologischen Funktionen von Pfeifengras-Streuwiesen ist eine jährliche, einschürige Mahd mit Abfuhr des Mähguts unerlässlich. Ohne Bewirtschaftung verbuschen die Flächen und entwickeln sich über die Jahre hinweg wieder zu Wald.
Der LEV wurde am 12. Dezember 2012 gegründet. Als verbindender Akteur zwischen Landwirtschaft und Naturschutz setzt sich der LEV für die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Rems-Murr-Kreis ein. Zu den mittlerweile 48 Mitgliedern des Landschaftserhaltungsverbandes gehören neben dem Rems-Murr-Kreis und allen Kommunen des Landkreises, der Bauernverband Schwäbisch-Hall-Hohenlohe-Rems e. V. sowie die Naturschutzverbände BUND Rems-Murr e. V., der NABU Rems-Murr e. V. und der Landesnaturschutzverband, Arbeitskreis Rems-Murr.
Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere die Organisation und Koordination von Pflegemaßnahmen in Schutzgebieten sowie von weiteren ökologisch wertvollen Flächen. Der LEV wirkt zudem bei der Umsetzung der Managementpläne der EU-weiten Schutzgebiete, der sogenannten Natura 2000-Gebiete und des landesweiten Biotopverbundes mit.