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Fachtagung zur Hagelabwehr: Forschung, Praxis und Perspektiven im Zeichen des Klimawandels
Veranstaltung in Waiblingen bot Raum für Vernetzung und Wissenstransfer rund um die Hagelabwehr
Bei der Fachtagung Hagelabwehr am 3. und 4. April 2025 diskutierten Meteorologinnen und Meteorologen, Wissenschaftler, Historiker sowie Fachleute aus der Praxis im Landratsamt in Waiblingen über die aktuellen Entwicklungen, wissenschaftlichen Grundlagen und Herausforderungen der Hagelabwehr. In Zeiten zunehmender Extremwetterereignisse rückten dabei sowohl technologische Fortschritte als auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entstehung von Hagel in den Fokus.
Landrat Dr. Sigel eröffnete die Veranstaltung mit folgenden Worten: „Der Rems-Murr-Kreis steht auch weiterhin klar zur Hagelabwehr. Wir sind vom Nutzen überzeugt und setzen alles daran, das Projekt ab 2027 genauso erfolgreich fortzuführen wie in den vergangenen 45 Jahren.“
Der erste Tag der Fachtagung stand im Zeichen fachlicher Einblicke in die Thematik der Hagelabwehr. Der zweite Tag war dem intensiven Austausch zwischen den einzelnen Hagelabwehrregionen gewidmet. Vom Glockenläuten zur Vertreibung der Hagelwolken im 16. Jahrhundert bis hin zur Künstlichen Intelligenz der heutigen Zeit hat sich die Forschung rund um die Entstehung von Hagelschlägen alleine in den letzten 40 Jahren dramatisch weiterentwickelt. Mehr und mehr werden die Wirkmechanismen wissenschaftlich erforscht und nachgewiesen.
Klimawandel und Hagel: Ursachen und Entwicklungen
Dr. Katja Horneffer, ZDF-Wettermoderatorin, erklärte in ihrem Vortrag anschaulich, wie Hagel entsteht, wie häufig Hagelereignisse in Mitteleuropa auftreten und welche Schäden sie verursachen können. Sie ordnete Hagel in den Kontext zunehmender Extremwetterlagen ein und erläuterte die Zusammenhänge mit dem Klimawandel. Abschließend gab sie Impulse, was Einzelpersonen zum Klimaschutz beitragen können, und verwies auf die Bundestagsdokumentation „Zur sogenannten Wolkenimpfung in Deutschland“.
Von Hagelkanonen bis Silberiodid: Geschichte und Gegenwart der Wetterbeeinflussung
Der Historiker Manuel Kaiser beleuchtete die Geschichte der Wetterbeeinflussung – von vormodernen Praktiken über das Hagelschießen im 19. Jahrhundert bis zu militärisch geprägter Forschung während des Kalten Kriegs. Die Entwicklung der heutigen Hagelabwehr wurde dabei historisch und kritisch eingeordnet.
Chemie der Wolkenimpfung: Wirkung und Umweltverträglichkeit
Prof. Dr. Thomas Oppenländer stellte gemeinsam mit Peter Hellstern, Roman Wehrle und Gernot Hengstler von der Hagelabwehr Südwest die chemischen Grundlagen der Wolkenimpfung mit Silberiodid vor. Mit anschaulichen webKonrad-Filmen erläuterte er die Wirkungsweise und statistische Nachweise der Methode und ging auf mögliche Umwelteinflüsse ein. Ziel sei eine faktenbasierte, sachliche Diskussion zum Thema.
Blick in die Praxis: Einsatzberichte und wissenschaftliche Begleitung
Meteorologe Jochen Ebert zeigte mithilfe von Radarbildern, wie sich geimpfte und ungeimpfte Gewitterwolken unterscheiden. Malte Neuper, wissenschaftlicher Betreuer der Hagelabwehr Region Stuttgart, und Pilotin Julia Rexroth gaben Einblicke in den Alltag der Hagelflieger. Die Koordination zwischen Wetteranalyse und Flugteam wurde detailliert vorgestellt.
Versicherungen und Hagelschutz – ein starkes Bündnis
Torsten Widmann und Frank Folkert von der Württembergischen Gemeinde-Versicherung (WGV) berichteten von ihren Erfahrungen mit der Hagelabwehr. Seit 2015 unterstützt die WGV aktiv die Region Stuttgart mit eigenen Hagelfliegern – inzwischen zwei an der Zahl.
Internationale Perspektiven: Erfahrungen aus Bayern und der Steiermark
Georg Vogl (Rosenheim) und Josef Mündler (Steirische Hagelabwehrgenossenschaft) brachten jahrzehntelange Erfahrung mit. Beide berichteten von den Entwicklungen in ihren Regionen, der Weiterentwicklung von Generatoren und Brennern und der Rolle Europas in der Hagelforschung.
Aerosolforschung und KI – der Blick in die Zukunft
Dr. Larissa Lacher vom Karlsruher Institut für Technologie erläuterte die Rolle von Aerosolen bei der Eisbildung in Wolken. Dr. Satyanarayana Tani zeigte, wie Einsätze meteorologisch geplant und analysiert werden. FH-Prof. DI Dr. Erwin Zinser stellte schließlich Möglichkeiten der Hagelfrüherkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz vor und diskutierte Chancen und Grenzen dieser Technologie.
Kritik ernst nehmen, Irrtümer aufdecken
Zum Abschluss räumte Jochen Ebert mit häufigen Irrtümern rund um die Hagelabwehr auf. Dabei betonte er die Bedeutung fundierter meteorologischer Beratung für eine wirksame, verantwortungsvolle Hagelbekämpfung.
(raßmus/08.04.25)