Rems-Murr-Kreis (Druckversion)
Autor: Martina Nicklaus
Artikel vom 29.07.2016

Wichtiger Beitrag für den Erhalt schützenswerter Naturräume

Wichtiger Beitrag für den Erhalt schützenswerter Naturräume

(von links): Landrat Johannes Fuchs, Ursula Jud, erste stellvertretende Bürgermeisterin von Urbach, Naturschutzminister Alexander Bonde und Jochen Haußmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP/DVP-Landtagsfraktion. Foto: Landratsamt
Im Urbacher Gewann „Kirchsteig“ berichteten die Fachleute über das Beweidungsprojekt nach dem Bergrutsch im Jahr 2001 (von links): Landrat Johannes Fuchs, Ursula Jud, erste stellvertretende Bürgermeisterin von Urbach, Naturschutzminister Alexander Bonde und Jochen Haußmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP/DVP-Landtagsfraktion.Foto: Landratsamt

Naturschutzminister Alexander Bonde informiert sich in Urbach über die Arbeit des LEV

Mit der Naturschutzstrategie Baden-Württemberg hat die grün-rote Landesregierung einen Fahrplan für wirkungsvollen Naturschutz veröffentlicht, der Schritt für Schritt umgesetzt wird. Wichtiger Baustein der Naturschutzstrategie sind die Landschaftserhaltungsverbände (LEV), deren Gründung die Landesregierung finanziell fördert – und die sich als Erfolgsmodell entpuppt haben: Die Zahl von ursprünglich sechs Landschaftserhaltungsverbänden im Jahr 2011 ist auf 30 im Jahr 2015 im ganzen Land gewachsen.

Der baden-württembergische Naturschutzminister, Alexander Bonde, hat am Freitag, 5. Juni, den Rems-Murr-Kreis besucht, um sich ein Bild von der praktischen Arbeit des hiesigen Landschaftserhaltungsverbands zu machen. Bei seinem Besuch betonte Bonde den unverzichtbaren Beitrag von Landschaftserhaltungsverbänden für den Erhalt und die Pflege von abwechslungsreichen und reizvollen Kulturlandschaften. Gleichzeitig wies der Minister darauf hin, dass die einzigartigen Kulturlandschaften in Baden-Württemberg ein bedeutender Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten seien. Auf dem Programm stand die Besichtigung zweier Naturschutzgebiete (NSG) in Urbach: Der Bergrutsch am Kirchsteig und die Vorderen Hohbachwiesen.

„Unser Landschaftserhaltungsverband versteht sich als Kümmerer und Koordinator in Sachen Erhaltung der Kulturlandschaft und Landschaftspflege und unterstützt die Arbeit seiner Mitglieder – Landkreis, Kommunen, Verbände und Privatpersonen“, erklärte der Landrat des Rems-Murr-Kreises Johannes Fuchs beim Ortstermin in Urbach. „An den Streuobstwiesen auf dem Gelände des Bergrutsches von 2001 und den Flachland-Mähwiesen im Bärenbachtal wird deutlich, welchen wegweisenden Beitrag der LEV zum Erhalt schützenswerter Naturräume in unserem Kreis leistet“, so der Landrat, der zugleich Vorsitzender des Landschaftserhaltungsverbands Rems-Murr-Kreis e.V. ist.

An der ersten Station, dem Naturschutzgebiet Bergrutsch am Kirchsteig stellten der Landschaftserhaltungsverband und die Bewirtschafter-Familie Baumgärtner das wegweisende Beweidungsprojekt vor. „Wir sind froh, dass durch den Zuschuss über die Landschaftspflegerichtlinie und unsere engagierten Bewirtschafter das zwischenzeitlich zu einem seltenen Geotop erklärte Bergrutschgebiet weiterhin kultiviert und vor einer sukzessiven Verbuschung bewahrt wird“, so LEV-Geschäftsführerin Franziska Oesterle. Nach dem Erdrutsch im April 2001 wurde die Zugänglichkeit dieses Areals am Kirchsteig im Rahmen einer Flurneuordnung grundlegend neu gestaltet.

Die Wiesen an der Mündung des Hohbachtals ins Bärenbachtal zählen zu den schönsten und artenreichsten im Rems-Murr-Kreis. Hier hat René Greiner, stellvertretender LEV-Geschäftsführer, über die Pflegemaßnahmen an den Flachland-Mähwiesen berichtet. Bei dem Ortstermin hat zudem die Gemeinde Urbach einen Impuls zur Remstal Gartenschau 2019 geliefert.

Auf Urbacher Gemarkung treten an den Keupertalhängen mit ihren Mergel- und Sandsteinschichten geologisch bedingt in größeren Zeitabständen Rutschungen auf. Am 7. April 2001 ist an einem steilen Streuobsthang im Ortsteil Oberurbach, der früher als Weinberg genutzt worden war, eine etwa 3,2 ha Fläche rund 200 Meter abgerutscht. Es wurde dabei eine 240 Meter breite und bis zu 17 Meter hohe Felswand freigelegt. Dadurch wurden etwa 100 Streuobstgrundstücke in Mitleidenschaft gezogen,  zahlreiche andere von ihrer Zufahrt abgeschnitten. Durch die Flurneuordnung erhielten Erdrutschgeschädigte über eine Grundstücksbörse Ersatzgrundstücke und eine auskömmliche Anbindung an das Wegenetz. Schließlich wurde das gesamte Gewann „Kirchsteig“ zum Naturschutzgebiet erklärt und der Bergrutsch in öffentliches Eigentum überführt.

Ein weiterer Exkursionshalt fand im Bärenbachtal in Urbach im NSG Vordere Hohbachwiesen statt. 1991 wurde das Naturschutzgebiet Vordere Hohbachwiesen durch das Regierungspräsidium Stuttgart ausgewiesen. Reliefbedingt kommt hier die gesamte Bandbreite von trockenen bis nassen Wiesen in einem zum Teil kleinräumigen Mosaik vor. Die Wiesen an der Mündung des Hohbachtals ins Bärenbachtal zählen zu den schönsten und artenreichsten im Rems-Murr-Kreis. Wegen ihres geringen Ertrags sind solche mageren Wirtschaftswiesen nur noch selten anzutreffen. Die Vielfalt an blühenden Pflanzen schafft für zahlreiche Tiere, darunter viele Vögel und Schmetterlinge, günstige Lebensbedingungen. Zahlreiche Vogelarten wurden festgestellt, darunter selten gewordene wie der Neuntöter. Da die Hohbachwiesen auch Lebensräume und Arten aufweisen, die ein Natura-2000-Gebiet auszeichnen, wie magere Flachland-Mähwiesen und Neuntöter, sind sie Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000.

Zum Hintergrund:

Das Land Baden-Württemberg stellt den Landkreisen für die Einrichtung von Landschaftserhaltungsverbänden (LEV) Mittel für 1,5 Stellenäquivalente zur Verfügung. Nur eine halbe Stelle ist von den Trägervereinen selbst zu erbringen. Nach Gründung eines LEV, dessen Besetzung mit den beiden Arbeitskräften sowie der Fertigstellung eines Managementplans im jeweiligen Landkreis wird eine sogenannte Natura 2000-Beauftragten-Stelle bei der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises eingerichtet, für die das Land die Personal- und Sachkosten übernimmt. Der LEV im Rems-Murr-Kreis wurde im Jahr 2012 gegründet. Der Vorsitzende ist Landrat Johannes Fuchs. Alle 31 Kommunen im Kreis sind Mitglied beim LEV, zusätzlich zehn Verbände und zwei Privatpersonen. Der LEV übernimmt als Dienstleister für Kommunen und Grundstücksbesitzer eine tragende Unterstützerrolle für die Erhaltung und Pflege schützenswerter Naturräume im Landkreis.

Die LEV-Geschäftsstelle befindet sich im Landratsamt, Außenstelle Backnang. Im LEV arbeiten die Geschäftsführerin Franziska Oesterle (100 Prozent), der stellvertretende Geschäftsführer René Greiner (50 Prozent) und Herrn Ronald Blümle (50 Prozent).

(mk/01.08.2016)

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